Die Geschichte eines kleinen Dackels - Teil IX

Liebe Dackelfreunde,

also das mit Weihnachten ist eine lustige Sache, kann ich Euch sagen! Bei uns ist das so abgelaufen: Vormittags hat Herrli einen riesigen Baum ins Wohnzimmer geschleppt, so einen, der normalerweise draußen im Garten wächst. Der war allerdings nicht angewachsen und er musste ihn in ein rundes Gestell wuchten, damit er drinnen auch stehen konnte. Anscheinend ist es furchtbar wichtig, dass das Ding da drinnen fest und gerade steht, denn während Frauli geduldig den Baum festgehalten hat, hat Herrli unten an irgendwelchen Schrauben gedreht und mächtig geflucht. Ich wollte das genau beschnüffeln, aber er hat mich immer wieder weggestupst und gesagt, dass ich ihn in Ruhe lassen soll.

Als das Ding dann endlich stand, hat Herrli so lange Schnüre mit kleinen Lichtern an dem Baum festgemacht. Auch eine sehr heikle Geschichte. Immer wenn ich helfen wollte und die Schnur mal ein bisschen gerade gezogen habe, habe ich wieder Schelte bekommen. Diese Lichter kenne ich ja schon von unseren beiden Bäumen im Garten, so weit so gut. Aber nicht genug damit: Als nächstes ist Frauli angerückt mit einem ganzen Turm an Schachteln, aus denen sie ganz vorsichtig kleine rote Bälle genommen hat, die sie dann an den Baum gehängt hat. Als ich mit dem ersten davon spielen wollte, hat’s gleich wieder mächtig Schelte gegeben. Da war ich dann erst mal bedient und hab‘ mich vor dem Kamin auf den Bauch gelegt und die Sache von dort aus weiter beobachtet.

Hat lange gedauert, das Aufhängen von den Bällen, sieht aber ganz lustig aus. Wenn ich mir auch immer noch nicht erklären kann, wofür das gut sein soll. Aber inzwischen bin ich ja schon einiges gewohnt von den Zweibeinern und ihren Bräuchen.

Abends ist es dann richtig spannend geworden: Frauli hat in der Küche verschiedene Fleischstücke zurechtgeschnitten! Das war ein herrlicher Duft, kann ich euch sagen! Ob das alles für mich ist? Aber sie hat mir nichts runtergegeben, und so weit hoch komme ich ja leider nicht, obwohl ich schon versucht habe mich an den Küchenschränken hochzuarbeiten. Wieder nichts! Naja, dann hab‘ ich mir inzwischen nochmal diesen lustigen Baum näher angesehen. Und wie ich da gerade so an dem Faden mit den Lämpchen knabbere, spüre ich so ein leichtes Kribbeln auf der Zunge – lustig! In dem Moment kommt Herrli und es gibt wieder Schelte! Aber eins von den Lichtern hab‘ ich erwischt, ha! Die anderen Lichter sind allerdings daraufhin auch alle ausgegangen – und Herrli hat wieder zum Fluchen angefangen! War wohl keine so gute Idee von mir …

Wie immer in solchen Fällen hat Herrli wieder alles in Ordnung gebracht und ich hab‘ mich dann vor ihn hingesetzt und meinen treuesten Dackelblick aufgesetzt. Da musste er dann doch wieder lachen. Mein Dackelblick wirkt doch immer, weiß ich ja!

Abends gab’s dann nochmal zwei Highlights: Herrli und Frauli haben sich an den Baum gestellt und sich „schöne Weihnachten“ gewünscht! Schon wieder dieses Wort … Dann hat Frauli mich hochgehoben und ich habe entdeckt, dass mitten in dem Baum an einem Faden ein ganzes Wienerle hängt! Und stellt Euch vor: Das war für mich! Sie hat es mir abgemacht, und ich durfte das ganze Würstchen fressen. Mmmmmmmm, lecker, lecker.

Ja und als dann Abendessenszeit war und ich mal so nachsehen will, ob Frauli auch was in meinen Fressnapf füllt, stellt euch vor: Da waren ganz viele Stücke zartes, weiches Rindfleisch drin – köstlich! Hat doch auch seine Vorteile dieses Weihnachten!

Aber dann ist noch was passiert: ein paar Tage später ist der Krieg ausgebrochen. Ganz unvermutet, Herrli und Frauli hatten gerade Gäste. Plötzlich sind alle nach draußen gerannt und ein ohrenbetäubender Lärm ist losgebrochen. Lauter Schüsse und Geknalle ohne Ende! Ich hab‘ gedacht, jetzt geht meine Dackelwelt unter und das schöne Dackelleben ist vorbei! Hab‘ mich schon richtig gefürchtet. Frauli hat mich auf den Schoss genommen und wollte mich beruhigen, weil ich so gezittert habe. Nach einer ewig langen Zeit war es dann plötzlich wieder ruhig. Alle sind wieder ins Wohnzimmer gekommen und haben lustig weiter gefeiert. Aber ich musste mich von dem Schrecken erst mal wieder erholen.

Inzwischen ist der Baum im Wohnzimmer wieder weg. Ich hoffe, dass jetzt dann mal wieder mein normales Dackelleben weitergeht. Soviel Aufregung die ganze Zeit, das hat meine Dackelnerven doch arg beansprucht – und die halten sonst ja nun wirklich eine Menge aus.

Bis zum nächsten Mal

Liebe Grüße

Euer Poldi

©Margit Simon