Die Geschichte eines kleinen Dackels - Teil I

APRIL 2013

„Liebe Hundefreunde,

ich bin vor zwei Wochen bei meinem neuen Herrchen und Frauchen eingezogen. Ich bin jetzt 11 Wochen alt und mein Name ist „Leopold“ – aber Frauli nennt mich „Poldi“ – jedenfalls solange alles in Ordnung ist. Wenn ich etwas ausgefressen habe, sagt sie ganz streng „Leopold“ zu mir. 

Wobei ich das mit dem „ausgefressen“ noch nicht so ganz verstehe. Ich befinde mich nämlich noch in der sogenannten „Eingewöhnungsphase“. Das bedeutet anscheinend, dass ich lernen soll, einige Dinge zu verstehen, die mir noch ziemlich suspekt sind. Zum Beispiel mag es mein Frauchen offenbar gar nicht, wenn ich drinnen auf dem angenehm warmen Boden pinkle. Wenn sie mich dabei erwischt, werde ich unter heftigem „Nein Poldi!“ aus meiner gerade eingenommenen Pinkelhaltung hochgerissen und nach draußen verfrachtet, wo ich dann in dem kalten, nassen Gras mein Geschäft verrichten soll. Das ist erst mal ziemlich unangenehm, weil dabei sowohl mein Bauch (ich gehöre als Dackel ja sozusagen zu den „tiefer gelegten“ Exemplaren) als auch das sensible Teil, mit dem ich dieses Geschäft verrichte, unangenehm kalt und nass werden – besonders nachts. 

Allerdings habe ich inzwischen einen wesentlichen Vorteil entdeckt: Wenn ich draussen pinkle, bekomme ich nach jeder Aktion ein Leckerli – und die sind einfach köstlich. Deshalb versuche ich jetzt auch manchmal in möglichst vielen Etappen zu pinkeln. Denn viele kleine Einheiten bringen mehr Leckerlis als eine große. Aber ich glaube das Frauchen hat mich da jetzt auch schon durchschaut.

Eine andere Geschichte ist die mit den sogenannten „Lamellen“, die in meinem neuen Zuhause vor den Fenstern baumeln und mir unnötigerweise die Sicht ins Freie verstellen und die Sonne abhalten, die so schön auf den Fußboden scheint. Ich habe schon mehrmals versucht, diese komischen Dinger zu beseitigen, indem ich fest zubeiße und versuche, sie wegzuziehen, was mir aber jedes Mal gehörig Schelte eingebracht hat. Mein Ziel habe ich aber doch erreicht: Die Dinger sind jetzt alle nach oben gehängt worden und die Sonne kann auf den Fußboden scheinen und ich suche mir dann ein schönes warmes Plätzchen für eine kleine Ruhepause.

Seit ein paar Tagen wird es draussen (wo ich immer pinkeln muss) jetzt auch etwas wärmer und angenehmer und ich bereite mich allmählich auf meine nächsten Aktivitäten im Garten vor. Ich hab‘ schon mal an verschiedenen Stellen angefangen in den Rasen kleine Löcher zu graben, weil ich darunter eventuelle Beute vermute. Immerhin bin ich als Dackel ein echter Jagdhund, der alles erkunden muss – vor allem im Untergrund, wo meine Vorfahren nach Dachsen und Kaninchen gesucht haben.

In der Hundeschule bin ich auch schon. Und mit mir zusammen ist da so eine schöne schwarze Labradorhündin – so alt wie ich, aber erheblich größer (wurde eben nicht „tiefergelegt“). Die hat es mir gleich angetan und ich hab‘ mich auch unversehens an sie ran gemacht, ist wirklich sehr attraktiv. Als ich an ihr hochgehüpft bin – für mich als Dackel schon eine enorme Leistung – hat mein Frauchen gesagt, ich sei „größenwahnsinnig“ – was sie damit wohl gemeint hat? Wir zwei haben uns gleich angefreundet und ich durfte auch über ihre Schnauze schlecken – mmmmmm!

Wie ihr alle wissen müsst , bin ich ein sehr, sehr schöner Dackel. Überall wo ich hinkomme sagen die Leute: „Mei schau mal, ist der nicht süß!“ und ich wickle sie alle um die Pfote. Nur mein Frauchen hat mich durchschaut, glaub ich, weil sie dann immer sagt, „ja, ein richtiger Lausbub!“  – hat wahrscheinlich zu viele Bücher über Dackel gelesen.

Ich freue mich schon, wenn wir uns mal richtig kennenlernen und ich euch beschnuppern kann. Frauchen sagt, damit müssen wir noch warten, bis ich nicht mehr alles anknappere. Besonders gut finde ich nämlich auch Finger und Schuhe oder Socken. Das ist auch sowas, was mein Frauchen gar nicht mag. Da verändert sie schon mal stark ihre Lautstärke – und das bei meinen empfindlichen Ohren!

Ja, das ist schon ein spannendes Dackelleben!

Bis bald

Euer Poldi“

©Margit Simon